Siehe dazu auch auf Youtube den Livestream vom 4.12.2021
Die nachfolgende Aufzeichnung geht zurück auf den, uns als Textfragment vorliegenden Komplex zur ‚Nymphe Mnemosyne‘1 von Friedrich Hölderlin. Erhalten sind uns handschriftliche Seiten, wobei sich die Forschung nicht darüber einig ist, ob dem im Titel thematisch benannten Motiv insgesamt und überhaupt drei oder vier eigenständige Schriftstücke zuzuordnen sind, bzw. wie sich deren Reihenfolge chronologisch rekonstruiert offenbaren würde. Daraus folgt dann auch im fachlichen Diskurs der Literaturwissenschaft entsprechender Dissens über die Polyphonie dieses hymnischen Gesangs; denn als solches werden die Produktionen Hölderlins bezeichnet, die in seiner Homburger Zeit zwischen 1802-06, also nach seiner Bordeaux-Reise und vor seinem Einzug in den Tübinger Turm, entstanden sind – davon jedoch erst später mehr2. Dass nämlich seine Schrift mit drei oder vier Strophen editiert wird, je nach wissenschaftlichem Standpunkt des Herausgebers, bräuchte uns hier nicht weiter bekümmern, wenn nicht dem interessierten Blick eines Schrift-Kundigen von Interesse mag aber sein, dass sich Hölderlin in dieser Zeit poetologisch mit dem ‚Wechsel der Töne‘3 beschäftigt und uns ebenfalls seinen Entwurf zum Tod des Empedokles wiederum fragmentarisch hinterlassen hat.4 Auch hier tritt mit dem Naiven, Heroischen und Idealistischen im Wechsel einerseits und Wasser, Erde, Feuer, Luft andererseits als die Grundelemente der empedoklischen Lehre5 ein ‚gesetzliches Kalkül‘6 zutage, dem wir in geneigter Stimmung nur näherkommen, wenn uns gestattet wird, von einer gewissen Zahlenmystik7 – und ohne selber entschieden davon auszugehen – zu sprechen, die an dieser Stelle auch nicht weiter zu bestimmen ist. Angesichts solcher Aporien sprach Hölderlin selbst von einer ‚Annäherung des Quadrats zum Zirkel‘8. Oder wie es im sechsten Brief Susette Gontards an Hölderlin heißt: „Die geheime Verkettung der Dinge bilden für uns etwas, dass wir Zufall nennen, was doch aber notwendig ist.“9 Als solch ästhetisches Phänomens genauer zu vernehmen wäre dann im Gleichklang mit Andre Breton auch seine Definition vom System eines hasard objectif.10 Da wir uns aber nicht gleich zu Beginn in wilden Spekulationen verlieren wollen, sei auch dieser Aspekt weiter hinten an gestellt.11
Demnach ist der zu entwickelnden Vorstellung von Hölderlins >Nymphe Mnemosyne< eine textliche Vorlage vorausgesetzt, doch deren Produktion geht über die klassischen Verfahrensweisen der Theaterkunst hinaus. Denn diese Textvorlage ist weder ein Stück als ganzes noch zum Teil in Rollen vorhanden. Weder existieren zu Anfang dramatische Dialoge, noch liegt dem kreativen Prozess eine epische Handlung als Motiv zugrunde. Sondern vorliegender Textkomplex wäre erst in eine Verfasstheit zu überführen, dessen wörtliche Fassung einer Person zugrunde liegt, deren Zutritt zum Ort der Öffentlichkeit ohnehin nicht zu verweigern ist. Diese Vorstellung wäre noch am ehestens als performative Auseinandersetzung mit dem thematischen Ort der Vorlage zu begreifen, wobei der Begriff des Performativen produktionsästhetisch verstanden ist, obwohl dieser rezeptionsästhetisch erklärt wurde.12 Dieser Übertragung zu eigen wird dann auch die Persönlichkeit des Performators13 mehr als begriffliches Konzept, denn als stilistische Konzeption gefällig. D.h., die Performance als künstlerischer Ausdruck wird hier nicht nur durch die Produktion für eine externe Öffentlichkeit bestimmt, sondern ist zugleich auch als schöpferische Verfahrensweise intersubjektiv ausgerichtet. Öffentlich bestimmt die Produktion aktuell real-existierende Maßnahmen zur Reglung der Corona-Pandemie in Deutschland. Die Frage, wie kulturelles Leben in diesen Zeiten gesetzlich geregelt wird, führt im da vom mit immer auch die Frage des Ortes in sich, also ob drinnen oder draußen gesellschaftliches Treiben hygienisch an sich unbedenklich sei?14
Bei der Suche nach einer solchen Örtlichkeit kam ein Brunnen am Kölner Mediapark ins Gespräch. Eigentlich naheliegend, da ein erster Schritt in Richtung Hygiene die Reinigung durch Wasser ist, was im öffentlichen Raum durch einen Brunnen repräsentiert und angeboten wird. In direkter Nachbarschaft zum Cinedom steht auf dem geräumigen Vorplatz ein Brunnen, dessen Sprudel plätschert in der Mitte eines Kreises von ca. 20 Meter im Durchmesser physikalisch gebogen und architektonisch verkrümmt zur Orchestra und dem Theatron eines antiken Theaters, wobei die Terrassen mehrstufig hinab zum Grund der künstlichen Quelle die Sitzbänke für die Zuschauer darstellen. Damit käme dieser öffentliche Ort einer Vorstellungsstätte entgegen, wo Hygieneregeln im kulturellen Austausch gesellschaftlich zu vertreten sind. Selbst als Produktionsstätte käme dieser Ort in Betracht. Würde doch der Probenort ebenfalls von den hygienischen Qualitäten und Standards profitieren, die in seiner Öffentlichkeit enthalten sind. Synästhetisch umgesetzt wäre dieser Gedanke im Meyerholdschem Credo von der Premiere als erste, da öffentliche Probe15; wobei sein biomechanisches Konzept des Schauspiels neben machen anderen Stilmittel anhängig bleibt, um damit auf die performative Auseinandersetzung mit dem thematischen Ort der Vorlage zurück kommen zu können. Welche Aura geht von ihm aus, welche wäre künstlerisch wie umzusetzen? Als medialen Gegenpol in dieser Hinsicht nicht zu unterschätzen, ist das direkte Vis-á-Vis-Verhältnis zu einem der größten Kinocenter in der Stadt, in dieser Verhältnismäßigkeit ein David gegen Goliath, allein hinsichtlich der Zuschauerkapazität wegen. Weiter im näheren Umfeld angesiedelt sind Agenturen und Firmen aus der Medienbranche, wie Radiosender oder Stadtbibliothek16. Der Publikumsverkehr des Platzes wird Anzahl mäßig bestimmt werk- und tagsüber durch die Mitarbeiter dieser Geschäfte und Betriebe, abends und feiertags durch deren Kunden, vor allen durchs Kino und angeschlossene Gastronomie (wobei deren Öffnungszeiten während Corona auch in Frage stehen). Welche Synergieeffekte die räumliche Nähe bewirkt, ist gewiss hinsichtlich der feedback-Schleife zu bedenken, als rezeptionsästhetisches Phänomen jedoch der Produktion unterstellt. Vermutlich wäre Interesse weniger die Frage als vielmehr die Aufgabe von Umgangsweisen.
Als durchwegs fruchtbar erweist sich der Zugang über den Namen des Architekten dieser Bebauung. Otto Piene hat den Star Pit - Brunnen 1992 gemeinsam mit dem für das Gesamtkonzept verantwortlichen Architekten Zeidler bauen lassen, wobei man mit dem Zitat wohl anhand der Ausgestaltung in Form eines Amphitheaters an die römischen Ursprünge Kölns erinnern wollte. Vom Platzmittelpunkt ausgehend eine Choreographie der Elemente Licht, Wasser und Bewegung zu inszenieren, um die Umgebung zu beleben, darin zeigt sich der schöpferische Aspekt des Künstlers, der in der Avandgarde-Bewegung der 50er Jahre in Deutschland die Künstlergruppe ZERO als Ausdruck für den Neuanfang in der Malerei mit begründete. In Abkehr zum abstrakten Informel griffen Piene und Mack in ihrem künstlerischen Schaffen verstärkt auf reale Gegebenheiten wie Licht (und Schatten) sowie auch Feuer bei der Ausgestaltung ihrer Leuchtobjekte zurück. “Im Jahr 1959 entwarf Piene unter Bezugnahme auf elementare Naturenergien ‚Lichtballette und Rauchbilder‘. Die Spuren von Feuer und Rauch sind wichtige Elemente dieser Werke.“17 Von diesem Zugang, der sicher noch an anderer Stelle weiter fortzusetzen wäre, wird mitzunehmen sein, dass Fragen zur Beleuchtung der Produktionsstätte in einem traditionellem Zusammenhang stehen bzw. von diesem aus zu beleuchten sind18. Zunächst wäre aber zu erfragen, wie der Gegenstand beschaffen ist, der beleuchtet werden soll. Um was für einen Gegenstand handelt es sich hier eigentlich?
Architektonischer Zweck und Inhalt des Bauwerks ist die künstliche Belebung des Raums. Der Brunnen ist geschichtlich verbunden mit der Gründung von Zivilisationsgruppen, sicherte deren Existenz auf Dauer. So galt Wasser dem Thales aus Milet schon als sein erstes Element im Kosmos.19 Im Unterschied zum Ziehbrunnen war das zivilisationsfortschrittlichere Bauwerk der Römer in Köln ein Quellbrunnen, d.h. das Wasser war nicht durch Grabung vor Ort vorhanden, sondern wurde über Aquädukte zugeführt und zuhanden gemacht. Mit dem zivilisatorischem Fortschritt hin zu städtischen Wasserwerken habe solche Bauwerke ihre lebensspendende Funktion für die Gesellschaft längst eingebüßt; wenngleich im Springbrunnen der französischen Gärten die Beherrschung der Natur in europäischem Gewandt mit absolutistischer Fontaine erblüht und als Kunstobjekt Freude Quellfrische Lust am Leben symbolisiert – archaischen Mühen überwunden, verkörpert vom Ende der Trockenzeit.
Wenn wundert es da, dass im Hinblick auf die antiken Wurzeln des Brunnens eine Frage nach den mythischen Wesen, die in der Vorstellung der Alten einen solchen Quellort zu bevölkern suchten, mehr als naheliegend im Raume steht und dank virtual reality und mobilem Datennetz noch vor Ort direkt beantwortbar und mit >Nymphe< zu bezeichnen ist, welche in der Antike als weibliche Gottheiten niederen Ranges bedacht wurden. Als thematisches Sujet einer schöpferischen Gestaltung von Natur finden sich nymphgestaltige Wesen wieder, wie hier: in der Baukunst, der Plastik, in der bildenden Kunst als Gemälde, mehr als Kupfer-, denn Holzstich, denn als Zeichnung insgesamt und in der Literatur vermehrt als Gedicht, Gebet, Gesang. Genau dieses >Literatur als Gedicht, Gebet, Gesang< eingetragen in die Suchzeile von google führt auf Seite 4 über den Link ‚Bald sind wir aber Gesang‘20 zu Hölderin.
Und tatsächlich, mit ‚Hölderlin + Nymphe‘ wird in der Suche weiter sein hier thematisiertes Fragment in den Ergebnissen angezeigt. Und da ich nicht weiß, ob ich in der weiteren Diskussion nochmals auf dieses Phänomen stoßen werde, möchte ich hier auf den ‚Statuswechsel‘21 im Begriff des Nymphischen Wesens bei Hölderlin hinweisen. Denn für die Griechen war Mnemosyne zwar ebenfalls eine weibliche Gottheit, doch gehörig zu den Titanen und als Göttin der Erinnerung und als Mutter der Musen in der griechischen Mythologie alles andere als eine Rahmengestalt, sondern repräsentiert vielmehr eine zentrale Säule ihres Götterglaubens. Dass Hölderlin damit Mnemosyne einerseits zu einer Nymphe macht, ihr die Tochterrolle zuteilt, fällt hier weniger ins Gewicht, als dass Eigenschaften der Gottheit im nymphischen Wesen jenseits ihrer Erscheinung mehrseitig zutage treten. Diese Gewichtsverlagerung, die Verlagerung des Schwerpunktes, nicht des Blickwinkels, auf die Seite der Götter bewirkt, dass mit dem Komplex >Nymphe Mnemosyne< von Hölderlin hier zugleich auch deren Drama zur Vorstellung kommt, dass – soviel darf ich sagen, ohne die oder An-Spannung zu verlieren - in deren Unsterblichkeit begründet ist.
Hier teilt sich der Weg; der eine führt zur Entwicklung, der andere in die Öffentlichkeit. Zur Entwicklung lässt sich sagen, dass von keiner fertigen Textfassung ausgegangen werden kann, die Hölderlin veröffentlicht hat oder hätte. Damit käme bei erneuter Verhandlung die Frage zur Autorenschaft in Betracht, doch deren Rechte würden an anderer Stelle verhandelt. Wenn wir also am Schluss unserer Suche nach einer Veranstaltungsstätte, die Corona-Auflagen gemäß zu betreiben wäre, um die Wiedereröffnung kultureller Aktivitäten in der Öffentlichkeit vielleicht mit einer Hommage an Hölderlin zu beginnen, dessen 250. Geburtstag wir infolge der Kontaktbeschränkungen nicht gebührlich begehen konnten, um diesen nun respektabel nachzufeiern; damit könnten wir einen Teilaspekt des Vorhabens als ein Ziel der kommunikative Idee benennen. Sicherlich blickt dieser Feierlichkeitscharakter in der Kunst auch auf Wagners Idee vom Gesamtkunstwerk zurück. Und tatsächlich, wenn man die Kategorie Oper und Komposition an das Mnemosyne-Thema im Netz anliegt, wird man fündig. Denn es zeigt sich nicht nur als szenische Kantate ‚In Feuer getaucht I (2003)‘ des Komponisten Wolfgang Flore eine musikalische Bearbeitung des Motivs, sondern auch dessen essayistischer Versuch über eine Dichtung von Friedrich Hölderlin tritt thematisch in Erscheinung. Während Flore seine Schrift mit dem „Schweigen einer langen, dunklen Nacht“ beendet, berichtete die Rezension der Kölner Aufführung von qualvollen Schreinen.22 Obwohl also der Autor Hölderlins Poetik gleichfalls als eine Art ‚selbstreferenzielles‘23 System auffasst, kommen wir in der Übertragung nicht zum gleichen Ergebnis; interessiert uns doch im Hinblick auf den Ort der Örtlichkeit das Drama der Unsterblichen und nicht die Sterblichkeit des Autors.
Wenn also wiederholt von keiner Textfassung gesprochen werden kann, die hier bereits – weder in Wort noch Schrift – schon jetzt zum Abschluss gekommen wäre und ebenso die Verteilung in Rollenfächer an dieser Stelle noch vollkommen uneinsichtig ist, obgleich schon eine gewisse, erste, vielleicht oder womit unbegründete Tendenzen nach einem 1:4 geregelten Verhältnis bestehen, so kann das Thema, das einer performativen Auseinandersetzung mit dem Ort der Vorlage zugeführt wurde, kein literarischer Gegenstand allein sein. Zu dem Buchstaben und Zeichen tritt im Wort stets das Symbol zur Sprache hinzu, die auch rein körperlich geführt werden könnte wie würde. Steht die Frage nach der Autorenschaft, nach einer persönlichen Verfassung im Raum, wird beizeiten auch ein Blick auf den Begriff der Wandlung, der Person des Wandelnden, des Sehers, Dichters, Sängers oder wie auch immer man diesen Ausdruck benennen bezeichnen bebuchstaben und/oder als Ort der Wandlung ausdrücken mag, deutlich, für uns, mit menschlichem Bezug, wie sich auch immer dieser gestaltet und zur Vorstellung kommt. Wie auch immer man nun diese – sagen wir – ersten Menschen beschreibt, sie wären als Personen an den Ort des Geschehens herangeführt. D.h. in der Umsetzung wäre ihnen diese Begegnung in oder als Erfahrung messbar, d.h. erlebbar zu machen. Konkret, die Person hätte sich in einem unbekannten Umfeld mit einem neuen Beschleunigungsverhältnisses seiner Selbst auseinanderzusetzen, insofern das Prinzip der Gewichtsverteilung durch die Hebelwirkung der Geschwindigkeit den Äquilibrationprozess eines ‚Empfindlichen Gleichgewicht‘24 als Sensibilisierungsstrategie des Körpers im Zuge seiner Veränderung in Gang setzt, das aus der eigenen Wahrnehmung seiner körperlich verschobenen Mitte, des persönlichen Stand- bzw. Schwerpunkts herrührt; in der Welt des Theaters sowohl mit Kleists Gedanken Über das Marionettentheater als auch mit Craigs Begriff der Übermarionette ein allgemein bekanntes Phänomen des Schauspiels. Übertragen in die Welt des klassischen Theaters wäre entweder Szenerie oder Genre das Thema weiterer Verwendung von dem, was hier Einzig als Etüde, als eine Einübung in die Befindlichkeit des Ortes über die Form der Bewegung mit Technik durchgeführt wurde. Während der Blick hier auf die Person gerichtet ist, auf die Erfahrung, die diese Bewegung im Erleben selbst erfährt, ist sein persönlicher Auftritt dort im Kostüm der Skater festgehalten bzw. im Starlight-Express festgefahren. D.h., eine Begegnung der Person mit dem Ort des Geschehens vollzieht sich hier durch eine mechanische Verlagerung ihres Schwerpunkts, sowohl im Raum wie in der Zeit. Durch die Räder unter oder an den Füßen stehe ich einerseits erhöht und auch im Stand weniger stabil, andererseits als Erlebnis dynamischer, zeitlich potenziert durch die >erfahrene Bewegung< eine persönliche Herausforderung an das Ich, das nun plötzlich auftauchende Phänomen Geschwindigkeit schnellstmöglich beherrschen-lernen zu müssen, um nicht sogleich unglücklich zu stürzen. Insofern der Person ein solcher Roll- oder Schlittschuh unvertraut ist, werden die ersten Schritte bestimmt sein durch Vorsicht, Unsicherheit und Uneinsichtigkeit, dem durch Erfahrung aber schon bald Stärke und Voraussicht folgen wird. Als eine bestimmte Gruppe von Menschen sind diese Personen im Stadtbild bekannt; in personenreichen Städten meist auf größeren Plätzen anzutreffen. So meint man auf dem ersten Blick. Aber auch der Rollstuhl bietet von Seiten der Wahrnehmung aus gesehen eine veränderte Perspektive auf die beschleunigte Bewegung. Ob also ein Ballett Skater mit Rollstuhfahrer*innen kostümiert zur Wirkung kommt im Rhythmus zu Hölderlins Gesängen eingetaucht in die Idylle des Augenblicks und seine Zeilen weich um- bzw. gespült von Händels Wassermusik aufgeführt zu sehen sind – solch bizarre Gedanken machen das Kitchpotential der Veranstaltung äußerst deutlich!
Nach dem Einblick in die Individuation der persönlichen Erfahrung folgt die Hinwendung auf eine weitere Aufgabe der Person, die Politik von Gemeinschaft. Da die Kräfte durch Beschleunigung überproportional vergrößert werden, lässt sich die Wirkung einer Gruppe von Personen im öffentlichem Raum verstärken. Zum einen durch Beherrschung der Technik, d.h. in Form von kurzen Präsentation kleinerer Kunststückchen oder zum anderen durch Demonstration von politischen Macht, d.h. in Form von organisierten Aufzügen und vertretenen Standpunkten. Da also davon auszugehen ist, dass eine Gruppe solcher Personen am besagten Brunnen im Stadtbild einer ersten Ansicht nach nicht weiter ins Gewicht fallen, wäre interessant zu beobachten, welche gezielten Bewegungen der Gruppe wie Einzelner von der übrigen Umgebung beachtet werden. Wie und womit ist welche Art von Aufmerksamkeit zu erzielen, wo liegt die Grenze, dass die Versammlung für wen? auffällig wird, Publikum auf sich zieht und so zur Vorstellung wird. Dabei ist die Versuchsaufstellung des Experiments keineswegs neu oder besonders originell, zumal das Ergebnis eh nur in homöopathischen Dosen zur weiteren Versuchung frei gegeben ist. Aber unter pharmakologischen bzw. phänomenologischem Gesichtspunkt steht ein solcher Versuch dem Quellenstudium zum Ort der Öffentlichkeit einer Person gleich nahe. Während die Kleidung der Personen erst nacheinander im Kostüm-Bild einer Skating-Society sich bewahrheitet, fällt das Kostüm-Design des Musical quasi gleich mit der Tür ins Haus.
Mit dem Wort Person als Verdichtung, Begriff der Vorstellung übertrage ich Verantwortung für die Voraussetzungen eines gemeinschaftlichen Ganzen an die Persönlichkeit des Autor, dessen Grenzen beim Wesen der Bühnenfigur beginnen und in der Öffentlichkeit der Person enden. Die persönliche Performation wäre als ein solches Vehikel geeignet, die benötigte Überbrückung zu bewerkstelligen, insofern durch sie hindurch ‚kommunizierende Röhren‘25 verlaufen und ihre Persönlichkeit gleich einer Fähre auf beiden Seiten des Flussufers vertäuen. Mit dem Begriff Persönlichkeit können wir uns nicht nur einer Bewegung, d.h. durch Veränderung des persönlichen Schwerpunktes annähern, sondern bekommen Gewicht und können aktiv Bewegungen überbrücken oder Brücken für die oder der Veränderung bauen. Weswegen als weiteres Bauwerk gerade Brücken bei der performativen Auseinandersetzung mit dem thematischen Ort der Vorlage, d.h. dem Brunnen in den Blick geraten, über diese Zufälligkeit ist an anderer Stelle zu urteilen.26
Mit nun performativ geschärftem Blick zeigt sich bei nochmaliger Betrachtung des Ortes, quasi im diagonalem Bezug zur quadratischen Fläche aus Metall, über die durch mehrere Öffnungen verteilt Wasser quillt, in dessen bewegten Strudeln die Sonne wider strahlt; dort befindet sich, mehrere Meter darüber erhöht und vom künstlichen Grund der Quelle entfernt, eine Brüstung, deren erhobene Kante ins Nichts brechend mit einem Geländer aus Stahl edel eingerahmt wurde. Dieses architektonisch nun spätestens beim zweiten Anblick augenfällige Gebilde darf in der weiteren Betrachtung nicht unbesprochen bleiben. Andernfalls wäre zu vermuten, dass der Betrachter der Idylle, vom branden der Wellen berauscht und von Spieglungen des Lichts verzaubert, vorzeitig in sich versunken vor sich her döst. Hat man diese architektonische Besonderheit aber erst einmal bemerkt, mag man sich fragen, wieso sie im ersten Augenblick nicht gleich zu Gesicht kam, denn jetzt, mit dieser Bemerkung, ist das Geschehenen nicht mehr zu negieren. Der Vorsprung fiel mir wohl nicht gleich ins Gewicht, da sein Gehalt erst in der Erfüllung seiner Funktion als Voraussetzung zu Buche schlägt. Ob man in der Bebauung eine Kanzel oder einen Balkon sehen mag, kommt ganz auf den Betrachter an bzw. der objektiven Verwendung des örtlichen Bezugs. Sicherlich würde es sich lohnen, in Sinne der Kanzel, also Kleist, seinen zerbrochenen Krug oder im Balkon Shakespeares Romeo und Julia näher zu betrachten. Denn trotz aller Tiefgründigkeit Hölderlins hätte die Veranstaltung einigen Bewandtnissen des Theaters im öffentlichen Raum zu folgen, die nicht allein auf der Befolgung öffentlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie beruhen. In beiden Fällen, also bei Kleist und Shakespeare, würde die architektonische Bebauung dazu benutzt, dem vorhandenen Stoff durch eine gegebene Örtlichkeit den Anschein von Zeitlichkeit, scheinbare Authentizität zu verleihen. Was sicherlich nicht verwerflich ist und sicherlich wäre der Ort auch für weitere Stoffe in diesem Sinne reizvoll, doch in dieser Ausrichtung käme der Stoff zum Ort hinzu, würde an hin herangetragen, wäre in seiner Funktion bereits bestimmt und nicht Sinn der Örtlichkeit, die das Theater im öffentlichen Raum als Öffentlichkeit zu bestimmen versucht.
Der Reiz, sich einer Örtlichkeit über Hölderlins hymnischen Gesang zu nähern, führt in das Dilemma, dass im Gegenzug zu Kleist und Shakespeare keine heile Textfassung in seiner Handschrift erhalten ist, sondern nur mehrere Strophen, die bei genauerem Hinsehen auch noch mehrstimmig aufgeteilt und vorstellig vorliegen. Bevor also unsere bislang nur als Person benannte Vorstellung zur Bühnenfiguren reift und durch eine individuelle Textfassung bühnensprachlich überhaupt erst fassbar, da be-greifbar wird, ist ein Gespräch über die Autorenschaft des Ortes angezeigt. Wo sich die Örtlichkeit als Quelle der Vorstellung darstellt, quasi als öffentlicher Raum, gilt es im Raunen, Ruhnen und Gurgeln des Wassers sich auch sprachlich neu zu begründen. Oder anders ausgedrückt, in welchen Wortwendungen des Dichtes finden wir das Drama des Ortes näher bestimmt, so dass es in der Vorstellung dann weitere Verwendung er-findet und vollführt. Folgen wir seinem Werk, stoßen wir als örtliche Kulisse gesehen auf Emilie vor ihrem Brauttage, jener Idyll, in der Hölderlin den performativen Prozess im Akt einer Amtshandlung ausdrückt sowohl als Zeichen wie zugleich auch als Symbol vermittelt und – soweit nach uns zu urteilen ist – gleich wie gültig gelten lässt. So findet sich Gelegenheit, um anzumerken, dass wir uns hier, bei der Betrachtung des Textkomplexes immer noch und ausschließlich auf der Seite des Nymphischen Wesens, auf Seiten der Tochter, dem Schicksal der Braut bewegen und uns nicht auf Seiten der Mutter befinden, mit ihrem Thema Geburt als unsterbliche Erinnerung wie es durch die Göttin Mnemosyne namhaft werdend auch im ‚Andenken‘27 zum Ausdruck kommt. In der hermeneutischen Tradition der Textauslegung eröffnet dieser fragmentarisch erhaltene Komplex Hölderlins Verhältnis zur Sprach, gefolgt vom Versuch, seinen Worten Bedeutung zu geben. So möchte hier an den Hinweis auf den Cinedom als mediales Gegenüber zu Beginn der Vorstellung erinnert sein. Nicht nur, dass mit dem Thema Erinnerung Grundelemente des Kinos in Erscheinung treten, sondern auch der Persönlichkeitsverlust im Starbetrieb des Filmgeschäfts kommt somit zufälligerweise zutage und wo die Grenzen zwischen öffentlicher und privater Person verschwimmen. Während die Person Gegenüber dort als Abbild medial be- und damit gefangen bleibt und ist, ist und bleibt man hier unmittelbares Gegenüber im Moment der Vorstellung, aber solche Einblicke sind den Imagetrainer*innen im kalifornischen Hollywood längst schon in Ihrer Praxis einsichtig und erfolgreich umgesetzt.28 Ebenso einsichtig sollte uns werden, wie mit dem Material nun weiter umzugehen ist. Folgen wir dem Weg der Erscheinung Nymphe, werden wir gewahr ihrer Lust und begegnen dieser im Charakter der Aufklärung, ihr Brautsein klärt sich auf im Vollzug einer Tathandlung, dem Eheversprechen; mit der Göttin der Erinnerung als Ziel unser Bewegung gilt zu entscheiden29, ob und wie die Textbausteine zum Bauwerk Brücke oder Brunnen sich verfügen, verdichten und fortpflanzen möchten.
Nehmen wir Gesagtes als Gestein, kann es uns sowohl als Schriftfläche wie auch als Filter dienen, um zu erfahren, was an der Oberfläche geschieht oder dort geschrieben steht. Das Wasser – nicht nur hygienische Standards erfüllend, sondern unseren Durst nach Leben stillend – wäre gereinigt, Schwebstoffe zwischen Wörtern im Satz festgehalten; denn bislang haben wir uns nur oberflächlich mit dem Gegenstand auseinandergesetzt. Ausgesagt wurde bis jetzt nur so viel, dass es – sozusagen – einen Haufen von Fragmenten gibt, dessen Verfasstheit auf Nymphische Wesen hinweist und Fragen zur textlichen Verfassung desselben wachrufen, mit denen die „Aporie zwischen Erinnern und Begründen“30 im Anbetracht der Mutter der Musen einher geht. Bevor wir uns also im Abstieg in die Tiefen zur Begründung der Textfassung begeben, soll bisher Besprochenes dem archimedischen Punkt als Anker dienen, um daran das Tau zu knüpfen, mit dem wir in die Schluchten sinnlicher, sinnhafter und sinnvoller Sachverwerfungen hinab steigen, und uns an Dingen stützen, falls wir im Dunkel nur noch tastend vorwärts kommen, über die wir fallend in Abgründe stützen, aus denen es sprachlich kein Zurück mehr gibt. Zurückblickend sei auf den Ausgangspunkt verwiesen, der Suche nach einem Veranstaltungsort, der kulturelles Leben, Ansammlungen von Menschen Corona-Hygiene-Regeln gemäß öffentliches Begegnen ermöglicht. Im weiteren ist also nun dem nachzugehen, wie der Ort zur Sprache kommt, wie Sprache an den Ort herangetragen wird und welches Wort zur Öffentlichkeit gehört, in welchem Kontext das Gespräch geführt wird. Mit dem Link >Literatur als Gebet, Gedicht, Gesang< kamen wir über Hölderlin auf Nymphische Wesen zu sprechen, in deren Schatten sich das Drama der Unsterblichkeit vollzieht. Gerade in Corona-Zeiten wurde und wird im Gegenbild der Verlust von Erinnerung besonders schmerzvoll, da auch medial verstärkt, ausgetragen und erlebt. Dass die Organisation von kulturellen Veranstaltungen bereits bei der Planung Corona-Hygiene-Regeln zu befolgen hat, zeigt, wie stark unsere Gemeinschaft von äußeren Zwängen bestimmt wird. In Erinnerung bleibt der behördlich verwehrte Zugang für ein Moment des persönlichen Abschieds; ein offener Konflikt!
In der Diskussion über die >Skating Society< und dem >Starlight Express< kam stichwortartig zur Sprache, dass es damit unterschiedliche Perspektiven gibt, um sich dem Ort der Öffentlichkeit persönlich anzunähern, von dem aus die Person zu sprechen beginnt. Der Zugang über Shakespeares Balkon gibt Auskunft über das Moment der Nachahmung im Verhältnis 1:1 und so über eine gewöhnliche Verfahrensweise im klassischen Theaterverständnis. In der Erinnerung sind Ort und Gegenstand identisch, was ökonomisch kulminiert im Kommerziellen Musical; erworben im Tauschhandel zur gemeinsamen Geburtstagsfeier für die ganze Familie eine verschenke Erinnerung ans Alter Ego. Mit dem Anklingen von Kleist wurde der Zugang zum Ort der Öffentlichkeit im post-modernen Theater vernommen, d.h. vom kreativen Moment der Person aus betrachtet. Der Gegenstand, das Phänomen >Brunnen< wurde dem Ort nicht als Stoff, also Baustein sondern Handlung zugeführt. D.h. erst die In-Gang-Setzung des Prozess, der Verhandlung, die Redewendung, die Geschichte vom zerbrochenen Krug, der solange zum Brunnen geht, bis er zum Beweis zerbricht, erzeugt die Notwendigkeit einer Kanzel für den Zeugen bei Gericht. Zur naiv-sinnlichen Perspektive bei Shakespeare gesellt sich mit Kleist eine sinnhaft-strebsame Perspektive hinzu, mit denen einem Theater im Zeitalter der Post-Moderne zur Aufgabe ansteht, die Künstlichkeit der Kunst zu transportieren. Nicht die Spiegelung ist es, die uns anspricht, sondern wir sind es, die angesprochen werden. Mit dem Kostüm zur Skating Society lässt sich der Sachverhalt verdeutlichen. Der Zugang zum Ort der Öffentlichkeit geschieht, wie besprochen, durch die Anwendung von Technik. So hat sich das 1:1 Verhältnis der Nachahmung als Grundsatz von Wissenschaft bewährt und durch Technik bewiesen. Doch wie beim besprochenem Kostüm zur Skating Society kommt die Person erst nach und nach zu Gesicht. Erst in dem Moment, wo ihre Existenz als Gruppen wahrzunehmen ist, ist die Person nicht mehr zu negieren. Und doch hätten wir eine Erinnerung, wo Ort und Gegenstand nicht-identisch waren, da die Personen nicht gleich als Teil der Gruppe erkannt wurden; als Kritik sicher berechtigt, als Mittel der Kunst wohl ohne Begründung. Mit dem Dilemma der Unbegründbarkeit stehen wir nun im Scherbenhaufen und Steinbruch Hölderlins und suchen nach einem sinnvoll-idealistischen Zugang zum Ort der Öffentlichkeit, um Personengruppen in Zeiten der Corona-Pandemie den gesellschaftlichen Umgang in größeren Gemeinschaften zu ermöglichen.
Dennoch gilt, dass wir uns bisher nur von außen, äußerlich, dem Scheine nach dem Gegenstand, dem Ort der Örtlichkeit annäherten, obgleich wir in der Tat eine Örtlichkeit vernommen haben, deren Ort in der Bewegung liegt. Neben Begrifflichkeit ist die Sprache auch Klang, zugleich sinnhafte Konnotation sowie sinnliche Kommunikation in einem. Diese Ebene der Verständigung ist im Vergleich auch auf tierischer Ebene vorzufinden. Ob die Töne der Vögel uns aber als Gewischter oder Gesang einer Lärche gewahr werden, ist – vieles unter manchem – uns sicher eine Perspektive des Horizonts, der nicht nur in optischer, sondern eben- und gleichfalls akustischer Natur vorliegt; wobei hier die Wiederholung oder besser: die Wiederholbarkeit im Rhythmus den Takt vorschlägt. Ein gleichfalls berechtigter Zugang zu den zur Fassung zu verfügenden und verdichtenden Text, wäre also neben dem begriffenen Sinn der einzelner Bausteinen der sprachliche Klang des gesamten Wortes im zeitlichen Kontext zu erfassen. Über den Rhythmus der Silben könnte auf sinnlicher Ebene Gemeinschaft, auf sprachlicher Ebene Austausch und auf künstlerischer Ebene Transformation zur Verfassung der Textvorlage betragen. Diese künstlerische Erforschung, d.h. die Umsetzung einer Idee als kreative Verfahrensweise der Kunst, könnte sich auch am Ort der Öffentlichkeit vollziehen – denn der Kreis von Personen, die sich im Gehege einer Großstadt, an öffentlichen Orten im Rhythmus versammeln, ist gerade bei öffentlichen Plätzen wie einem Brunnen alles andere als unwahrscheinlich. Auch wenn mit der >Premiere als erste Probe< ein Motto ausgerufen wurde, das dieser Beschäftigung als Idee zugrunde liegt, so wäre selbst in dessen Umsetzung die >Vorstellung einer öffentlichen Probe< weiterhin existent. Eine solche Veranstaltung, die mehr als Vorführung, denn Aufführung zu bewerten wäre, ist der öffentlichen Vorstellung ein Ereignis, insofern hier tatsächlich Bausteine des Text an den Ort der Öffentlichkeit herangetragen sind, um deren Akustik zu testen. Durch den Einsatz von sinnlicher Erfahrung und sinnhaftem Erleben wäre der Person der Ort der Öffentlichkeit sinnvoll vermittelt. Wer diese Person bzw. Personen realiter wahrnimmt, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Mit Sicherheit aber sind diese Personen über die >Bühnenfiguren< miteinander verbunden und als Gruppen von der übrigen Öffentlichkeit unterschiedlich ausgezeichnet. Die Auszeichnung, das Talent (Fähigkeit, Vermögen, auf einem bestimmten Gebiet etwas zu leisten, wozu nicht jedermann in der Lage ist, Begabung, Anlage), das an dieser Stelle der >Person< zuzusprechen wäre, ließe sich hier als musische Grundstimmung bezeichnen, wobei mit dem Rhythmus mehr in musikalischer Ausrichtung bewertet. Dass geübte Bewegung im Muster Rhythmus klanglich mehr Fassetten erzeugt und somit das Ausdrucksspektrum im Umgang reicher wird, ist außer Frage selbstverständlich, weswegen professionelles Grundverständnis bevorzugt wäre; wenngleich sich Professionalität auch als ein Aspekt der Beherrschung vorstellen und Profession sich als Aspekt der >Persönlichkeit< darstellen würden. Schließlich entscheidet die Person des Autors über den Umgang mit dem Text. Deswegen ist es auch so schwer den Ort der Örtlichkeit einer Person zu erfassen, da sie uns zugleich als Körper (Persönlichkeit) und Geist (Wesen, Bühnenfigur) im Augenblick gespiegelt auf der Bühne gegenüber tritt. Wenngleich also der persönliche Abstieg zur Gründung der Textfassung noch aussteht, so könnte dieser Umgang auch als Thema einer öffentlichen Probe gelten, wo teilhabende Personen eine Transformation des Wortes in Bewegung nach Rhythmen aus Hölderlins sprachlichem Werk vollführen, um im Klang zusammen den sozialen Aspekt der Person zu fassen; zur Textfassung so zumindest Anteile zu liefern, um die Vorstellung fortzusetzen.
Kommen wir nach unserem Rundgang durch den Ort der Öffentlichkeit auf unsere ursprüngliche Fragestellung zurück: ob sich unser Fundstück als Vorstellungsstätte eignet, um in Zeiten der Corona-Pandemie kulturelles Leben in gesellschaftlich leibhaftigem Zusammenhang zu ermöglichen? So lässt sich festhalten, dass wir mit dem Brunnen ein Bauwerk haben, das mit der Zurverfügungstellung von Wasser schon historisch für die Durchsetzung von hygienischen Standards sorgte. Als Bauwerke der Gemeinschaft begegneten uns mit den Brunnen bei den Autoren Shakespeare und Kleist zudem künstlerische Verfahrensweisen, mit denen sich Theater im öffentlichen Raum definiert, ohne sich dem Ort der Öffentlichkeit näher angenommen zu haben. >Starlight Express< und >Skating Society< stehen als Prinzipien der Mimesis zum einen und Kritik zum anderen. In performativer Auseinandersetzung wurde der Vorstellung einer Person wie Gruppe über die Prinzipien der Persönlichkeit und der Bühnenfigur lebhafter Zugang zur gegenwärtigen Situation des Orts der Öffentlichkeit gewährt. Welche Konsequenzen diese Ergebnisse hinsichtlich ihrer technischen Reproduzierbarkeit mit sich führen, ist erst im Ansatz entdeckt und wurde im Moment anhand dem Begriff >erfahrene Bewegung< beispielhaft verdeutlicht und bühnensprachlich im Ausdruck >Rolle und Aufgabe der Person< vernommen und eingefasst. Diese Diskussion wäre noch um den rhythmischen Teil von Sprach zu erweitern, wobei sich das Gespräch dann vor allem um die Syntax des Rhythmus drehen würde. Der Hinweis auf die Autorenschaft Hölderlins versteht sich insofern als Abstieg in die sprachlichen Grundsätze zur motivischen Deutung und Bewältigung seiner fragmentarischen Textfassung, um über das Wesen der unsterblichen Nymphe Mnemosyne am Boden einer überbrückten Quelle den Ort der Öffentlichkeit persönlich zu sichten.
Quellen
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Die Edition und Interpretation zur Hölderlins Hymne >Die Nymphe Mnemosyne< von Flemming Roland-Jensen bietet zum Kommentar des betreffenden Textfragments den gesamten Komplex sowohl als Faksimile der Handschriften wie auch in den Schriftsatz des Buchdrucks übertragene Seiten. Im Zuges seines hermeneutischen Zirkelschlags lässt der Autor verschiedene Meinungen von Wissenschaftlern kursieren und gibt einen Überblick über den jüngsten Stand der Forschung. Siehe: Flemming Roland-Jensen, Hölderlins Muse. Würzburg, 1989.
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Unter heutigen Gesichtspunkten wäre der Fall Hölderlin wohl ein Umgang mit Pflege. Ein solcher Pflegefall ist im gegenwärtigen Verständnis zum Beispiel Yayoi KUSASA, deren Werke gerade in Berlin ausgestellt werden. So wird die Organisation des Alltags der japanischen Künstlerin über sozial betreutes Wohnen gewährleistet. → Änderung des Narrativs: erschüttert nach der Reise/zahlreiche Jahre produktiver Freiheit.
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„Der >Wechsel der Töne< (idealisch, naiv, heroisch) kann in der Strophenfolge von Mnemosyne besonders schön nachempfunden werden.“ Roland-Jensen, Hölderlin, S. 12. AaO.
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Die Frage stellt sich, ob die Sprache Hölderlins nicht über die Mittel verfügte, mit denen Theater im klassischen Zeitalter ausgestattet war. Dementsprechend wären von einem Scheitern an den Konotationsverhältnissen auszugehen, dem erst im virtuellen Stream mittels Cloud heutiger Tage technisch näher zukommen ist.
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„Empedokles setzt als stoffliche Elemente vier an..., die ewig sind und sich in größerer oder geringerer Menge infolge von Vereinigung und Trennung wandeln.“ Simplicius zu Aristoteles, Physiks 25 21 Diels [aus Theaphrast] = 31 A 28. In: Wilhelm Capaelle (Hrsg.), Die Vorsokratiker, S. 190. Stuttgart, 1968.
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Den Begriff benutzt Hölderlin in seiner ‚Verfahrensweise des poetischen Geistes‘. In Analogie vergleichbar mit einer intervenierenden Variablen, aber nur formal, nicht in Bezug auf den Inhalt.
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Vielleicht pythagoreischem Ursprungs; als Vorsokratiker war Empedokles vom Gedankengut bedeutender Strömungen seiner Zeit, der Pythagoreer und der Eleaten, beeinflusst, denn die süditalienischen Hafenstädte pflegten rege Handelsbeziehungen zueinander.
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Hölderlin an Schiller, 4.9.1795. In: Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, S. 667. München, 1989.
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In: Pierre Bertaux, Friedrich Hölderlin, S. 531. Frankfurt/Main, 1981.
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„Der objektive Zufall ist der Versuch, Zufall und Notwendigkeit nicht ausschließend, sondern als Einheit zu denken.“ Gerd Hötter, Surrealismus und Identität. André Bretons „Theorie des Kryptogramms“. Eine poststrukturalistische Lektüre seines Werks, S.58. Paderborn, 1990.
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Gemeint ist die zuvor erwähnte, fach-wissenschaftliche Verfassung der fragmentarischen Sprachbausteine.
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Theaterwissenschaftsjargon der 90er Jahre → Kunstwerk: Produkt/Prozess
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Etymologischer Diskurs: Performer-Person VS. Bühnenfigur-Persönlichkeit
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Im Zuge der neusten Aerosol-Forschung richtet sich der Blick nun auch naturwissenschaftlich bestätigt ins Freie; wovon man bei den Kulturwissenschaften mit dem Ortsbesuch im Vorjahr schon ausgegangen war; somit hat sich bestätigt, dass man mit dem Objekt Brunnen also gleichfalls in hygienisch unbedenklicher Weise fündig geworden ist.
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„Diese Vorstellung können wir verantworten, weil sie in der Konfrontation mit den Zuschauern korrigiert wurde.“ Wsewolod E. Meyerhold, Die Kunst des Regisseurs. S. 145. In: Ders., Schriften, Bd. 2. Berlin, 1979. Weit vor einer Ästhetik des Performativen ist die Feedback-Schleife nicht nur als Phänomen, sondern bereits als Mittel der Kommunikation bekannt. Das Thema Selbstbezüglichkeit in avantgardistischer Kunst wird mittels des Systems >Premiere als Probe< zur Vollendung gebracht.
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Die MediaPark Köln Entwicklungsgesellschaft mbH zählt auch zu einem solchen Unternehmen und ist mit der Bewirtschaftung dieser Örtlichkeit vertraut. Zwar sei der gesamte Vorplatz schon öfters für gewerbliche Veranstaltungen, z. B. als Oktoberfestzeltplatz, Eisfläche oder Terrain für einen Weihnachtmark vermietet worden, aber die Anfrage nach Anmietung ausschließlich des Brunnens für ein kulturelles Event sei bislang noch nicht vorlagig gewesen und wäre somit auch in dieser Hinsicht eine Premiere, quasi ein Unikum.
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→ Beleuchtungskonzept Bühne: Punktuell über die Tiefgarage möglich?
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„Für der Urgrund aller Dinge erklärte er das Wasser.“ In: Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen. Bd. 1, S. 15. Hamburg, 1990. Man darf davon ausgehen, dass diese schon seit der Antike bekannte Doxografie auch zu Hölderlins Zeiten in lateinischer Sprache bereits vorlag.
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https://www.chbeck.de/hoelderlin-gedichte-texte/product/27940636
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„Eigentlich müsste ich von Dominanz und Unterwerfung sprechen, doch dann würde Widerstand aufkommen … Ich glaube, Status ist ein nützlicher Begriff, vorausgesetzt, der Unterschied zwischen dem Status, den man hat, und dem Status, den man spielt, ist klar.“ In: Keith Johnstone, Improvisation und Theater, S. 57. Berlin, 1993.
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„Wolfgang Florey hat diesen Moment zwischen Wahn und Sinn einzufangen versucht ... da schlagen die zwölf Schauspielschüler der Kellerschmiede auf Pianos und Pauken, singen, schreien, fallen zuckend zu Boden und von einer Szene in die andere.“ Arndt Kraemer, Pressestimme, Kölner Stadt-Anzeiger, 17.06.2003 auf: http://www.florey.de/feuer1.htm. Vgl. dort auch Wolfgang Florey‚ Über Hölderlins Mnemosyne – Versuch über eine Dichtung von Friedrich Hölderlin. 2002/2007.
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„Hölderlins „Mnemosyne“ ist als Dichtung das, was man im Jargon der jüngeren Philosophie selbstreferentiell nennen könnte.“ Florey‚ Über Hölderlin, S. 3. AaO.
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„It was the Greeks who discovered that the Body ́s beauty is not only the result of correct propositions but also of a particular anatomical posture.” In: Eugenio Barba (Hrsg.), The secret art of the performer, S. 180. London, 1991.
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„Breton versucht, Materialismus und Idealismus miteinander zu versöhnen. Es gibt für ihn keine Kluft zwischen Wachsein und Schlaf, Tag und Traum: nur kommunizierende Röhren.“ Günter Metken in der Stuttgarter Zeitung auf dem Umschlag zu: Andre Breton, Die kommunizierenden Röhren. München, 1988.
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Denn wie es der Zufall so will, in nächster Nähe zum Brunnen befindet sich im direkten Augenschein tatsächlich eine Ruine des Aquädukts der Römischen Eifelwasserleitung.
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„Im Hofe aber wächst ein Feigenbaum“ heißt es dort in Hölderlins Gedicht, jener Baum, dem auch in einer Textpassage hier im „Achilles mir gestorben“ seiner Mnemosyne als Ort des Geschehens zentrale Bedeutung widerfährt. Und ebenso spricht Hölderlin gleichsam auch wörtlich in näherem Zusammenhang gerückt wieder weiter von „Feiertagen ... wenn gleich ist Nacht und Tag ... zur Märzenzeit, gehen ... Die braunen Frauen daselbst.“ Diese Attribute markieren nicht nur erotische Züge der Jugend sondern gleichfalls Phänomene des Nymphischen Wesen. In seiner Gestaltung als Quellnymphe wäre Sexualität mit dem Ort seiner Erscheinung jungfräulich vermählt. In der Wesensgestalt der Nymphe wird die Trauung zwischen einmaligem Verlangen und dauernder Treue ins Grotesk-Natürliche skizziert und mit dem Moment der Unschuld versehen, dessen Blöße eben ein Blatt eben dieses Baums, des Feigenbaums, abdeckt und kaschiert. Damit wäre Lust als inhaltliche Nähe von ‚Andenken‘ und ‚Die Nymphe / Mnemosyne‘ bewiesen und vorgestellt. Wenn der Schlussakkord von ‚Andenken‘ lautet: „Es nehmet aber / Und gibt Gedächtnis die See“, so wäre bei inhaltlichem Zusammenhang in die Gegenseite zu fragen nach dem Thema Erinnerung in diesem höchst fragwürdigem Fragment, wobei in der Gegenfrage mehr die Gottheit der Erinnerung und Mutter der Musen und weniger ihr Nymphisches Wesen zur Sprache käme. Als äußerliches Zeichen wäre dieses die Empfängnis auf Seiten der Nymphe und bei Mnemosyne das Symbol der Geburt.
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Über den Begriff >emotionales Gedächtnis< geht die Spur über Strasbergs Method zurück auf das System der >Arbeit des Schausspielers an sich selbst< von Stanislawski. „Need, Public Persona und Tragic Flaw sind das Einmaleins der schauspielerischen Arbeit. Sie sind ein wunderbares Werkzeug, mit dem man Gefühle zum Ausdruck bringt und einer Figur Leben einhauchen kann.“ Juliette Binoche, in: Susan Batson, Truth – Wahrhaftigkeit im Schauspiel, S. 234. Berlin, 2014.
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„Als Mischverhältnis bestimmt, bleibt das Denken in der Schwebe, obwohl es doch nichts anderes als Sein denkt und in dieser Betätigung gerade ein Unterschied ist. Der Ausdruck für >Gedächtnis<.“ Siehe: Manfred Riedel, Erste und andere Anfänge – Hegel und das Problem des Ursprungs der griechischen Philosophie, S. 321. In: Ders., Hören auf die Sprache, Frankfurt/Main, 1990.
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aaO., S. 309.
Literaturverzeichnis
- Eugenio Barba, Nicola Savarese (Hrsg.), The secret art of the performer. London, 1991.
- Susan Batson, Truth – Wahrhaftigkeit im Schauspiel. Berlin, 2014.
- Pierre Bertaux, Friedrich Hölderlin. Frankfurt/Main, 1981.
- Andre Breton, Die kommunizierenden Röhren. München, 1988.
- Wilhelm Capaelle (Hrsg.), Die Vorsokratiker. Stuttgart, 1968.
- Gerd Hötter, Surrealismus und Identität. Paderborn, 1990.
- Wolfgang Florey‚ Über Hölderlins Mnemosyne. 2002/2007.
- Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke. München, 1989.
- Keith Johnstone, Improvisation und Theater. Berlin, 1993.
- Diogenes Laertius, Leben und Meinungen berühmter Philosophen. Hamburg, 1990.
- Wsewolod E. Meyerhold, Schriften. Berlin, 1979.
- Manfred Riedel, Hören auf die Sprache. Frankfurt/Main, 1990.
- Flemming Roland-Jensen, Hölderlins Muse. Würzburg, 1989.