Dramaturgische Anmerkungen zu back@online
Das Monodrama >Mr. Krapp´s Last Tape< steht im Zentrum dieser thematisch konzipierten Theatercollage anhand verschiedener Schriften von Samuel Beckett, die in seinem Werk nicht nur einen biographischen Zusammenhang andeuten, sondern sich intertextuell auch aufeinander verweisen. Gemäß dem produktionsästhetischen Kontextes liefert das englische Original die Vorlage zur Übersetzung für eine Aufführung in dt.-pers. Sprache.
Im Bühnengeschehen anschaulich werden diese Fragmente u.a. auch durch eine multimediale Wiedergabe von filmischen Material, beispielsweise von „Akt ohne Worte II“. Ebenso wird im Bühnenbild durch Versatzstücke, d.h. mittels Verwendung bestimmter Requisiten, dieses Prinzip des zu erinnernden Zitats in Erscheinung treten. Vorgestellt werden soll ein Mensch auf der Suche nach Ordnung im Chaos seiner Erinnerungen, um als multimediales Theaterspektakel die Schattenseite der modernen Medienwelt zur Anschauung zu bringen.
Die Theatercollage thematisiert folgende Schaffensperiode Becketts: anfangend bei >Texte um Nichts< (franz.: Textes pour rien, hg. 1955) bis hin zu >Aschenglut< (engl.: Embers, hg. 1959). In diese Zeit fällt mit >Das Endspiel< (franz.: Fin de partie, UA 1957 in London) ebenso die Veröffentlichung eines Meilensteins der Weltliteratur, wie auch dieses Faktum, dass sich Beckett zugleich erstmals mit für ihn neuen Medien, dem Hörspiel bzw. der Pantomime, künstlerisch auseinandersetzt. Außerdem kommt der Autor hierbei auf seine Muttersprache zurück, von der er sich, wie es in einer Rezension zu >Warten auf Godot< (franz.: En attendant Godot, UA 1953 in Paris) heißt, bereits gänzlich verabschiedet habe.
Drei der sieben in Frage kommenden Werke verfasste er in Englisch, nur zwei in seinem Œuvre sonst vorwiegenden Französisch und zwei Stücke, nämlich >Akt ohne Worte I< (UA 1957 in London) und >Akt ohne Wort II< (entstanden 1959, UA 1964 in London) nähern sich schließlich als stummes Spiel vollkommen ohne Sprache dem Zuschauer. In dieser Hinsicht von zentraler Bedeutung ist >Das letzte Band< (engl.: Mr. Krapp´s Last Tape, UA 1958 in London). Thematisch klar versinnbildlicht gerade dieses Theaterstück inhaltlich wie formal eben jenen Prozess: Die Aufhebung jedweder leidenschaftlichen Tat ohne Sprache in künstliche Erinnerung zum gewaltigen Abriss ohne Konsequenz.
Sinnfällig im gegenseitigen Verweis soll zum einen der produktionsästhetische Zusammenhang der hier angeführten Schriften werden, als auch soll ein inhaltlicher Bezug dargestellt sein, nämliche die Transkription von einer vergangenen Handlung zum archivierten Wort. Die permanente Präsenz eines virtuellen Raums - Ausflucht und Traum zugleich - soll für den heutigen Zeitgenossen augenscheinlich vorgestellt sein und in ihrer Absurdität als ästhetische Wirklichkeit wiedererkannt werden.
Zwar wird heutzutage online rund um die Welt kommuniziert, doch zugleich isolieren sich dabei die menschlichen Individuen von einander zwecks einer freien Anwahl des direkten Gegenübers per Internet vom Eigenheim zum Eigenheim. Der kybernetische Orgasmus allein verspricht hier just einem jeden Individuum selbstverständlichen Trost durch tausendfach zerstreute Unterhaltung.